Katastrophaler Steuermann
Jan Hanser entdeckt den Kontrollfreak in sich.
Neulich war ich mit einigen Mitarbeitern Kanadier fahren. Einziger Sinn und Zweck: Spaß und Sonne. Dabei blieb es jedoch nicht, denn ich musste einiges auf dieser Tour lernen. Zum Beispiel, dass der Job des Steuermanns kein Zuckerschlecken ist. „Mein“ Kanadier mit mir als Steuermann und vier weiteren Ruderern hatte es nicht leicht. Im Zickzackkurs irrten wir über den See, weil ich es einfach nicht auf die Reihe bekam, dieses blöde Boot zu steuern. Meine Ruderer geizten nicht mit mehr oder minder hilfreichen Kommentaren – was die Sache nicht besser machte. Doch nach zwanzig Minuten hatte ich den Dreh raus. Ich steuerte unseren Kanadier parallel zum Ufer und als es Zeit zum Anlegen war, stieß ich das Paddel ins Wasser, um das Boot einmal um die Achse zu drehen und anzulegen. Im selben Moment stieß einer meiner Ruderer auch das Paddel ins Wasser und das gesamte Manöver scheiterte. Er hatte mir nicht vertraut – woher auch, bis vor zwei Minuten war ich ja noch der schlechteste Steuermann seit Menschengedenken – und gemeint, nachbessern zu müssen. Dabei hatte ich doch jetzt gecheckt, wie’s geht. Ich schimpfte. Echt ätzend!
Echt ätzend, dass ich mich selbst nur wenige Wochen später dabei erwischte, dass ich einem meiner Leiter genauso ins Handwerk pfuschte, wie mir der Ruderer. Öffentlich korrigierte ich ihn, stellte sein Handeln in Frage und versuchte etwas zu retten, was ich im selben Moment verdarb.
Ich habe gelernt, dass ich Mitarbeiter und Leiter, die ich berufe, laufen lassen muss. Es ist wichtig, ihnen echtes Vertrauen zu geben, sie sich ausprobieren zu lassen und nicht wie ein Kontrollfreak selbst immer mal das Paddel ins Wasser zu stecken.