Schwarz-Weiß-Denken
Jan Hanser plädiert für angstfreie Diskussionen im Hauskreis.
Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass wir Christen von Angst gesteuert sind. Wenn ich Facebook- Kommentare auf einschlägigen evangelikalen Seiten lese, frage ich mich: „Wovor habt ihr Angst? Warum reagiert ihr so aggressiv, wenn es um die Segnung von Homosexuellen geht oder Thorsten Hebel über seinen Kampf mit dem Glauben schreibt?“ Meistens wird mir beim Lesen dieser Kommentare schlecht. Sie sind von Hass und Verurteilung geprägt.
Vielleicht rührt diese Aggression und Angst daher, dass althergebrachte biblische Fundamente und ethische Werte, auf denen wir jahrelang gut gelaufen sind, erschüttert werden. Vielleicht haben wir Angst, das Christentum weichzuspülen oder Sorge, auf der anderen Seite vom Pferd zu fallen und Hardliner zu werden.
Ängste kann ich nur überwinden, wenn ich mich ihnen stelle. Dafür ist meine Kleingruppe ein sehr guter Ort. Was uns eint, ist die Liebe zu Jesus, die Wertschätzung der Bibel und das Fundament der Gnade. Unsere Kleingruppen bieten den idealen Rahmen, um in geschützter, aber offener Atmosphäre heiße Eisen zu diskutieren.
Damit machen wir einen echten Unterschied. Denn eine wertschätzende Diskussionskultur, die nicht von Aggression und einfachen Antworten, sondern von mutigem Hinterfragen und ehrlichem Akzeptieren einer anderen Position gekennzeichnet ist, vermisse ich im gesellschaftlichen Diskurs. Ich erlebe das Christentum des 21. Jahrhunderts als ein fragendes Christentum. Wie macht ihr das als Kleingruppe? Ist kritisches Nachfragen erlaubt? Toleriert ihr denjenigen, den ihr als zu konservativ oder zu liberal erachtet? Wie können wir in einer Gesellschaft, die mehr Fragen als Antworten hat – und in der Populisten hohen Zulauf finden –, eine gesunde Diskussionskultur pflegen?
Die Antwort ist einfach! Ha, jetzt habe ich mich selbst reingelegt! Wir machen uns an Jesus und an seiner Gnade fest. Das gibt die ersehnte grundlegende Sicherheit! Wenn Gottes Gnade in mein Herz gerutscht ist, kann ich Traditionen infrage stellen und meine eigene Meinung hinterfragen lassen. Je dichter ich an der Gnade Gottes bin, desto gnädiger werde ich mit mir selbst und mit anderen. Solange wir als Kleingruppe auf der Gnade stehen, kann keine Meinung und Weltanschauung uns trennen. Ich wünsche euch in euren Kleingruppen heiße Diskussionen über heiße Themen, die angstfrei und mit Wertschätzung geführt werden. Das kann Gnade!