Mose trifft seine Familie
Steffi Baltes macht gute Erfahrung mit einem kreativen Werkzeug, um biblische Texte von innen heraus zu entdecken: dem Bibliolog.
Zweimal im Jahr bieten wir eine Schulung an, um unseren Hauskreisleitern gute Tools für die Hauskreisgestaltung an die Hand zu geben. Vor einiger Zeit hatten wir uns für eine Einführung in den „Bibliolog“ entschieden – eine interaktive Methode der Bibelauslegung, bei der wir uns in die Personen einer biblischen Geschichte hineinversetzen. So entdecken wir den Text quasi „von innen“ heraus. Der Bibliolog, der mit der jüdischen Auslegungstradition verbunden ist, arbeitet mit dem Gedanken, dass Gottes Geist auch zwischen den Buchstaben des biblischen Textes weht. Der eigentliche Text, das „schwarze Feuer“, bleibt unangetastet, doch „zwischen den Zeilen“ bietet die biblische Geschichte viel Raum für das „weiße Feuer“, eine kreative Auslegung.
Für unseren Schnupperkurs unter der Leitung einer zertifizierten Bibliologin nahmen wir uns nun einen etwas unbekannteren biblischen Text vor. Wir tauchten in das 2. Buch Mose, Kapitel 18 ein – an einer Stelle, als Mose in der Wüste Besuch von seiner Frau, seinen Söhnen und seinem Schwiegervater bekommt, der ihm rät, sich Mitarbeiter zu suchen. Unter der einfühlsamen Anleitung unserer Bibliologin überlegten wir, was wohl Mose gedacht hat, als er hörte, dass ihn seine Familie besucht, etwa: „Oh nein – was will denn meine Familie hier? Ich habe doch so viel zu tun!“ oder: „Wie schön, endlich sehe ich meine Frau und meine Kinder wieder!“ Und wie hat sich wohl Zippora gefühlt, als Mose mit seinem Schwiegervater einfach im Zelt verschwand? Wir verliehen ihr Gedanken wie: „Das ist ja wohl nicht wahr! Jetzt sind wir den weiten Weg bis hierher gelaufen, und mein Mann nimmt sich noch nicht einmal Zeit, um mich und meine Söhne zu begrüßen!“ oder aber: „Das freut mich für Mose, dass er meinem Vater sein Herz ausschütten kann, wo er doch bisher als Leiter sicher sehr einsam war.“
Und so nahmen wir uns nach und nach verschiedene Personen dieser Geschichte vor und hatten am Ende das Gefühl, dass sie uns ganz nahegekommen waren und wir ein Stück mit ihnen auf dem Weg sein durften. Alle waren wir uns einig, dass der Bibliolog ein tolles „Werkzeug“ wäre, um in unseren Hauskreisen biblischen Texten ganz neu nahezukommen. (Wer sich damit näher beschäftigen möchte, dem seien die Bücher von Uta Pohl-Patalong empfohlen, zum Beispiel: „Bibliolog. Gemeinsam die Bibel entdecken – im Gottesdienst, in der Gemeinde, in der Schule“. Sammler des HauskreisMagazins finden Material dazu in den Ausgaben 3 und 4. Am besten ist es natürlich, sich schulen zu lassen, damit man den Bibliolog sensibel und auf gute Weise im Hauskreis oder auch in größeren Gemeindegruppen durchführen kann.)